Gedenken an die Novemberpogrome in Bohmte
40 Bürgerinnen und Bürger waren am Donnerstag, 9. November, an den Hauweg Bohmte gekommen, um der Opfer der Reichpogromnacht 1938 zu gedenken.
Bürgermeister Marcus Kleinkauertz erinnerte in seiner Rede an das Leben der Familie Stern und Rosa Heumann, die auch aus unserer Ortschaft aus der Mitte ihres Lebens gerissen, deportiert und ermordet wurden. Siegmund Stern war Pferdehändler gewesen und hatte für seine Familie das Wohnhaus am Hauweg gebaut. Nach den Novemberpogromen sei das Leben unerträglich geworden. Trotz Verbot konnte Siegmund Stern noch zwei Pferde verkaufen, um seinen beiden Töchtern die Flucht nach England und später Australien zu ermöglichen. Obwohl das Geld auch für ihn und seine Frau zur Flucht gereicht hätte, seien sie in Bohmte geblieben, in der Hoffnung, schlimmer könne es nicht mehr werden. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Vor diesem Hintergrund bezeichnete Kleinkauertz es als Schande, dass das Mahnmal in Berlin mittlerweile bewacht werden müsse. „Wir müssen uns dem wachsenden Antisemitismus mit aller Entschiedenheit entgegenstellen, jeder einzelne von uns!“
Unter den Teilnehmenden an den Stolpersteinen in Bohmte waren auch zwei „Zweitzeugen“, die unmittelbare Zeitzeugen gekannt hatten und deren Erinnerungen mitteilten. Friedhelm Otte-Witte erinnerte im Gespräch mit Birgitt Oelgeschläger vom Arbeitskreis Stolpersteine an Herbert Glüsenkamp, der als 17jähriger Maler -und Glaserlehrling wenige Tage nach der Pogromnacht der Familie Stern geholfen habe, die demolierten Fensterscheiben zu reparieren. Auch Helmut Bothmer schilderte, was seine Mutter erleben musste, die 1939 ihre wenige Monate alte Tochter Elisabeth im Kinderwagen ausgefahren hatte. Karoline Stern habe ihr zugerufen und sie zu sich gewinkt, um einen Blick in den Kinderwagen zu werfen. Dieses war von einer Lehrerin aus der Nachbarschaft beobachtet worden, die den beiden Frauen sofort gedroht habe, sie zu denunzieren. Noch am selben Abend sei ein Polizist bei seinen Eltern erschienen und habe sie aufgefordert, den Kontakt zu „den Juden“ einzustellen, andernfalls werde der Familienvater seine Stelle bei der Post verlieren. „Meine Eltern haben sich nicht daran gehalten und die Familie Stern weiterhin mit Nahrungsmitteln und Kleidung versorgt“, so Bothmer.
„Solche Geschichten machen betroffen und können gar nicht oft genug wiederholt werden, gerade weil es Leute gibt, die lieber einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung des Holocaust ziehen würden. Wir werden den Dialog hier in Bohmte auf jeden Fall fortsetzen!“, so Birgitt Oelgeschläger.